(Quelle: flugrevue.de)

Was tun, wenn man fast zwei Dutzend sündhaft teure Kampfjets der fünften Generation auf dem Hof stehen hat – aber nicht genügend Piloten dafür? Vor diesem Problem steht die britische Royal Air Force (RAF) laut einem Bericht des Nachrichtenportals Sky News. Demnach ist die RAF gegenwärtig nicht in der Lage, die Cockpits aller 23 im Dienst stehenden Lockheed Martin F-35B (Stückpreis 114 Millionen Euro) zu besetzen. Grund dafür seien anhaltende Schwierigkeiten in der Pilotenausbildung. Verteidigungsminister Wallace beschreibt die Lage laut Sky News als “ziemliche Herausforderung” – ein namentlich nicht genannter, ehemaliger RAF-Offizier spricht gar von einem “Scherbenhaufen.” Zwischenzeitlich korrigierte der Minister seine Aussage offenbar dahingehend, dass derzeit 33 Piloten für 27 F-35B zur Verfügung stünden. Das jedenfalls schrieb der BBC-Korrespondent Jonathan Beale auf Twitter. Diese Zahl schließe allerdings eine Reihe von Austauschpiloten aus den USA und Australien ein. Die Lage bleibt also kritisch.


Patrick Zwerger

Großbritannien ersetzte mit der F-35B die Muster Tornado und Sea Harrier. Doch die Stealth-Jets werden von akutem Pilotenmangel ausgebremst.

Pilotenausbildung als Hauptproblem

Wallace führte das akute Personaldefizit unter anderem darauf zurück, dass die F-35B noch neu im Repertoire sei. Allerdings weist Sky News in dem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass Großbritannien bereits 2006 seine Kaufabsicht für den Stealth-Jet öffentlich machte. Ihre erste F-35B nahmen die Briten 2012 in Empfang. Allzu “neu” ist das Muster somit nicht mehr.

Als Nadelöhr bei der Besetzung der Stealth-Cockpits gilt vielmehr die Pilotenausbildung bei der RAF – und das schon seit Jahren. Hauptproblem hier sind offenbar organisatorische Defizite und ein chronischer Mangel an Ausbildern auf sämtlichen Ebenen. Obwohl Wallace das Pilotentraining gegenüber dem RAF-Oberkommando vor drei Jahren zur Chefsache erklärte, habe sich daran nichts geändert, moniert Sky News. Nach wie vor müssten angehende Kampfpiloten bis zu acht Jahre warten, um sich für ein F-35-Cockpit zu qualifizieren. Angestrebt sei jedoch eine Ausbildungszeit von lediglich zwei bis drei Jahren. “Unsere Piloten-Pipeline ist nicht dort, wo ich sie gerne hätte”, unterstrich auch Minister Wallace.

Stealth-Senkrechtstarter F-35B

Die Lockheed Martin F-35B ist technisch so etwas wie die Königin unter den drei Lightning II-Versionen. Als einzige Vertreterin des Stealth-Trios ist sie in der Lage, senkrecht zu starten und zu landen. Möglich wird dies durch eine schwenkbare Düse am Heck und das exklusiv für die F-35B entwickelte Rolls-Royce-Lift-System. Das wiederum besteht aus einem zweistufigen Mantelpropeller hinter dem Cockpit, der über eine Getriebewelle mit dem Haupttriebwerk verbunden ist, sowie zwei Ausgleichsdüsen in den Tragflächen.

Großbritanniens F-35-Pläne

Die Komplexität des Gesamtsystems fasziniert – macht die F-35B aber auch zur mit Abstand teuersten Variante des US-Kampfjets. Umso prestigeträchtiger ist der Fighter für Nationen, die sich trotz der hohen Kosten für den Kauf entschieden haben. In Europa sind das bislang Italien und Großbritannien, die ihre F-35B beide auch auf Flugzeugträgern einsetzen. Die Briten hatten eigentlich vor, 138 Exemplare zu bestellen, haben bislang aber “nur” Verträge für 48 Flugzeuge unterzeichnet. Davon hat Lockheed Martin 27 ausgeliefert. Drei sind zu Ausbildungszwecken in den USA verblieben, eine stürzte im vergangenen Jahr vom Deck des Trägers HMS Queen Elizabeth. Die restlichen 23 verteilen sich auf zwei RAF-Geschwader: die Umschulungseinheit 207. Squadron und die 617. Squadron als Einsatzgeschwader. Beide haben auf dem Stützpunkt Marham in der Grafschaft Norfolk ihr Zuhause.

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