UL-Motorsegler: JMB Aircraft übernimmt den „Phoenix“

(Quelle: aero-kurier.de)

Motorsegler sind beliebte Vereinsflugzeuge: Einfach im Handling und günstig in den Kosten, bieten sie Motorflug-Feeling für kleines Geld und mit überschaubarem Umschulungsaufwand. Allerdings ächzen viele klassische TMG-Muster unter hohem Leergewicht und entsprechend geringer Zuladung. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind Ultraleichtflugzeuge seit einiger Zeit dabei, den TMG den Rang abzulaufen.

Der Phoenix, ein in Tschechien entwickelter und bereits 2012 zum Erstflug gestarteter Motorsegler, hat das Potenzial, das beste aus beiden Welten zu verbinden. Jüngst gab JMB Aircraft, Hersteller des erfolgreichen UL-Renners VL3, nach sechs Wochen Geheimniskrämerei um ein “neues Flugzeug” bekannt, künftig den Phoenix zu bauen. Dass es sich dabei nicht etwa um eine Neuentwicklung, sondern um eine bekannte Konstruktion handelt, fiel bei der Ankündigung indes ein wenig unter den Tisch.

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Nachfahre des Lambada

Der Phoenix entstand als Weiterentwicklung des Motorseglers Lambada von Urban Air, der bereits im Mai 1996 seinen Erstflug hatte. Der Lambada war von Konstrukteur Martin Stepaneck unter der Maßgabe entwickelt worden, gleichermaßen nach den UL-Kriterien der FAI und den Regularien für Light Sport Aircraft der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA zugelassen zu werden.

Als Urban Air aufgelöst wurde, gründete Stepaneck Phoenix Air und entwickelte den Lambada unter Beibehaltung wesentlicher Konstruktionsmerkmale weiter zum Phoenix. Eine entscheidende Änderung erfuhr der Flügel: Beim Lambada betrug die Spannweite 13 Meter, die Flächen des Phoenix lassen sich mit Ansteckflügeln zwischen elf und 15 Metern variieren.

Laut JMB-Salesmanager Matěj Ungr wurde das Phoenix-Projekt nun komplett von der VL3-Schmiede übernommen, einschließlich eines Teils der bisher damit befassten Mitarbeiter des bisherigen Herstellers Pure Flight. Aktuell arbeite man an einer 600-Kilogramm-UL-Zulassung für Deutschland, Tschechien und die Slowakei.

Ergänzung des Portfolios

“Wir hatten bisher mit der VL3 ein zweisitziges Reise-UL in CFK und mit der Evolution ein viersitziges Reiseflugzeug in CFK im Angebot. Der Phoenix, ebenfalls in CFK gefertigt, rundet unser Portfolio künftig nach unten ab”, sagt Lisa Zosel, Deutschland-Vertreterin von JMB Aircraft. Man ziele damit insbesondere auf Vereine, die einen preisgünstigen und einfach zu fliegenden Zweisitzer suchen, ohne auf solide Performance verzichten zu wollen.

Tatsächlich sind die Leistungsdaten des mit einem Rotx 912 ULS ausgestatteten Motorseglers nicht übel: JMB gibt eine Reichweite von mehr als 900 Meilen (rund 1450 Kilometer) an, die Höchstgeschwindigkeit soll bei gut 115 Knoten liegen.

Was die Qualitäten im Segelflug angeht, spielt dem Phoenix seine Aerodynamik in die Karten: Mit einer Gleitzahl von 32 und einem geringsten Sinken von 0,8 Metern pro Sekunde dürfte er mit abgestelltem Antrieb besser fliegen als beispielsweise Super Dimona oder Grob G109 B. Auch bezüglich der Zuladung stellt er beide Konkurrenten aufgrund seines geringen Leergewichts von nur 340 Kilogramm in den Schatten: satte 258 Kilo sind hier laut Website des US-Vertriebs Phoenix Air möglich.

Integration in die Produktion

Der Phoenix wird künftig in den JMB-Werken in der Tschechischen Republik hergestellt, entsprechende Arbeiten zur Integration des Musters in die Produktion laufen laut Lisa Zosel bereits. “Um die Qualität des Phoenix zu erhalten, beträgt die Kapazität der Montagelinie nur sechs Flugzeuge für 2024, zwölf Einheiten für 2025 und 20 Einheiten im Jahr 2026”, gab Jean-Marie Guisset, CEO von JMB Aircraft, im Rahmen der Ankündigung auf der JMB-Website bekannt.

Grundsätzlich würden Flugzeuge bei JMB nur auf Bestellung gebaut, erklärt Lisa Zosel, daher sei kaum vorherzusagen, wie viele Flugzeuge tatsächlich gebaut würden. “Zunächst warten wir die Marktreaktionen ab und schauen, wie der Phoenix ankommt.”

Elektroantrieb kommt 2026

Dass die Konstruktion des Phoenix noch weiteres Potenzial hat, zeigt sich daran, dass JMB auf aerokurier-Nachfrage auch die Arbeit an einer Elektroversion bestätigte. Diese war zwar bereits 2018 auf der AERO in Friedrichshafen vorgestellt worden, bedürfe allerdings noch einiger Lösungen, um praxistauglich zu werden. “Im Moment sind wir mit der Leistung des E-Antriebs nicht zufrieden und wir brauchen Zeit, um an einer besseren Lösung zu arbeiten”, so JMB-Salesmanager Matěj Ungr.

Wie schon bei VL3 und Evolution präsentiert JMB auch den Phoenix selbstbewusst, wie der Werbetext zeigt: “Neue Phoenix-Besitzer werden die gleiche Kundenerfahrung machen, die sie auch beim Kauf des berühmten JMB-Flugzeugs VL3 machen würden. JMB-Designer Francois Stelandre hat eine Auswahl an Außen- und Innenausstattungspaketen vorbereitet, darunter die Spitzenoption Ultimate One. Dies ermöglicht es den Kunden, ein einzigartiges Design zu kreieren, das in keinem anderen Phoenix nachgebaut werden kann.”

Konkurrenz: Sinus und Altus

Tatsächlich beackert der Phoenix das Segment der UL-Motorsegler nicht allein. Mit einem ähnlichen Konzept geht der Altus des ungarischen Konstrukteurs Krisztian Dolhai an den Start, der im Mai 2018 erstmals abhob und bereits fünf FAI-Rekorde in seiner Klasse erflog.

Und auch die Sinus von Pipistrel kann als UL-Motorsegler betrachtet werden – nicht zuletzt infolge der beeindruckenden Flüge des Italieners Vittorio Della Rosa Pratti, der am 25. August 2023 mit der Sinus 890 Kilometer zwischen Parma und Rieti absolvierte.

Der Phoenix ist ein interessantes Flugzeug mit solider Performance. Ob das Konzept des UL-Motorseglers im Markt ankommt oder Verein und Privathalter doch ein schnittiges, schnelles UL ohne Segelflug-Qualitäten bevorzugen, muss sich noch zeigen. Die erste Chance auf eine Begegnung gibt es auf der AERO, wo JMB mindestens einen Phoenix ausstellen wird.

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