(Quelle: flugundzeit) (c) alle Folien-Bilder: NASA (QUESST)
Die X-59 soll der Nachfolger der Concorde werden. Allerdings scheint das Projekt seit Jahren auf der Stelle zu treten. Zumindest hat man das Gefühl, jedes Jahr inhaltlich den gleichen Vorträgen zum Stand zu lauschen.
Das war auch auf dem diesjährigen (2023) Oshkosh mehrfach der Fall, bis, spät am Nachmittag, ein Vortrag von Nasa Testpilot Nils Larson endlich Neuerungen hinter den Kulissen eröffnete.
Nasa Testpilot Nils Larson (links) versus die „staunende Öffentlichkeit“, die (noch) nicht vom Konzept eines neuen Überschallflugzeugs überzeugt ist.
Noch immer sind die Überlandflug-Restriktionen wegen Lärm der Hauptgrund für die gefühlte Stagnation des Projektes. Trotzdem hält die NASA weiterhin an ihrem Ziel fest, künftig schnellen Luftverkehr für die breite Öffentlichkeit zu bieten. Und so soll die X-59 mit ihrem bisher oft veränderten Aussehen als Versuchsträger für Flugzeuge im späteren Linienverkehr dienen.
Kurz zur Lärmverminderung
Man versuchte, die äußere Form des Flugzeugs so zu verändern, so anzupassen, dass die Kurve des Sonic Booms (Überschallknalls) statt kurzer Knallspitzen in ein länger gezogenes angenehmeres Geräusch übergeht, bei der Nasa „Thump“ (zartes Klopfen) genannt. QUESST (Quiet supersonic Flight Over Land) nennt sich das Projekt.
In den Konzepten wurde die Flugzeugnase immer länger und dünner. Das sogenannte Nosegear (Bugfahrwerk) befindet sich nun hinter der Hälfte der Flugzeuglänge. Die Piloten bezeichnen das Flugzeug liebevoll nach einem australischen Schnabeltier als Platypus.
High-Speed Commercial FlightWe are removing barriers to commercial supersonic flight over land by proving that we can eliminate the sonic boom.*
Das alles ist, wie oben beschrieben, nicht neu, sondern wird seit Jahren als Information wiedergekäut. Was aber an dem Vortrag neu war, war der Blick hinter die Kulissen aus Pilotensicht.
Der Test-Pilot und die X-59
Schon das Bild eines Jetpiloten mit Corona-Maske in einem futuristischen Kampfjet ist seltsam. Es zeigt aber, dass auch auf Pilotenseite durchaus weitergearbeitet wurde. Man setzte beim ursprünglichen Entwurf der X-59 viele Teile aus vorhandenen Kampfjets ein und bastelte sich so einen fliegerischen Wolperdinger. Was aus Kostenspargründen gemacht wurde, entpuppte sich (wen wundert’s) im Laufe des Projektes als Backlash, denn: If you do what you always do, you will get what you aways got**. Und das ist ja genau was man nicht will. Es soll nun leise und schnell trotzdem effizient und kostengünstig sein. Welcher Kampfjet ist das schon?
Beispiel war das Crew Escape System, umgangssprachlich der Schleudersitz. Bewährt von Martin-Baker (Name ist Synonym für den Notausstieg), und auch im deutschen Museum zu besichtigen. Die unbequemen sehr engen harten Metallrahmen, die beim Notausstieg mit dem Piloten aus dem Flugzeug geschossen werden, waren zu schmal für all die Kleidung und Gurte, die der Testpilot in der X-59 tragen muss. Es passte einfach nicht. Die x-59 soll höher (60000 Fuß statt 50000 Fuß) und schneller als „normale“ Kampfjets fliegen. Daher die größeren Ansprüche an das Life Support System LSS bei der Druck- und Sauerstoffversorgung.
Viele Änderungen ergaben sich auch bei der Anordnung der Instrumente im Cockpit. Es gibt kein Fenster nach vorne. Mit knapp 30 Meter Länge, 9 Meter Breite und dabei einer extrem langen und dünnen Nase können die Piloten nicht vorne nach draußen sehen. Abhilfe soll das eXternal Vision System (XVS) schaffen und soll so für eine sichere Navigation sorgen. XVS nutzt eine Kombination aus Sensoren, Computern und HD-Displays, um das in Standardflugzeugen nach vorne gerichtete Fenster zu ersetzen.
Nur muss der Pilot die Schalterchen und Hebelchen mit all seinem Anzug und Gegurte auch sehen und bedienen können. Da zeigte erst der Praxistest, dass es, wie am Schreibtisch angedacht, so nicht funktionieren würde.
Der erste Rollout des bei Lockheed Martin Skunk Works in Palmdale, California, gebauten Jets war ein Highlight für alle Beteiligten. Noch fliegt das langnasige Ding nicht, aber die für 2022 anvisierten Flugtests sind nun endlich eingeplant.
Der Plan
Erstflug der X-59 noch im Jahr 2023 zum Nachweis von Leistung und Sicherheit
Nach neun Monaten Flugtests: Die NASA wird X-59 über das Armstrong Flight Research Center fliegen, um zu beweisen, dass das Flugzeug mit der leisen Technologie unter atmosphärischen Bedingungen robust ist und sicher im nationalen Luftraumsystem fliegen kann
Gemeinschaftliche Flugtests sollen 2025 beginnen, um die Reaktion der Bevölkerung auf den leisen Schallstoß für die NASA sichtbar zu machen
Erste Daten werden den Regulierungsbehörden 2027 vorgelegt
*Kommerzieller HochgeschwindigkeitsflugWir beseitigen die Hindernisse für den kommerziellen Überschallflug über Land, indem wir beweisen, dass wir den Überschallknall eliminieren können.
**Wenn man tut, was man immer tun, wird man bekommen, was man immer bekommt.