(Quelle: aero.de)
HAMBURG – Flugzeugtechniker untersuchen A320neo-Triebwerke von Pratt & Whitney – ein Materialfehler in Hochdruck-Turbinenscheiben des PW1100G sorgt rund um den Globus für Stress in den Airlineflotten. Aktuell hebt bereits jede fünfte A320neo mit Pratt & Whitney-Triebwerken nicht ab.
ME16 sorgt bei Flottenchefs derzeit für Augenrollen. Das Metallpulver wird bei der Produktion der PW1100G Getriebefans der A320neo-Serie für Hochdruck-Turbinenccheiben verwendet – ein Prozessfehler kann für Einschlüsse und eine verkürzte Haltbarkeit sorgen.
Seit Bekanntwerden im Juli zieht das Problem immer größere Kreise – bis Mitte 2024 müssen 1.200 der 3.000 weltweit eingesetzten PW1100G zum Check, teilte der Pratt-Mutterkonzern RTX mit.
Die erste Inspektionswelle ist bereits angelaufen – und wird in den Flotten spürbar. Nach einer Analyse der “Aviation Week” standen Ende September 267 von 1.378 A320neo mit PW1100G-Triebwerken in der Wartung. Die Ausfallquote schnellte damit innerhalb eines Monats von 13 Prozent auf 19 Prozent hoch.
Im ersten Halbjahr 2024 werden nach einer Prognose von Pratt & Whitney sogar bis zu 650 A320neo zeitgleich gegroundet sein. ME16 ist dabei nicht das einzige Problem am Triebwerk. Qualitätsmängel zwingen Betreiber in engmaschige Wartungsintervalle, zeitgleich fehlen Ersatzteile. Einige Flugzeuge werden 2024 bis zu 300 Flugtage verpassen.
Lufthansa rechnet für 2024 mit einem rechnerischen Totalausfall von 20 A320neo und A321neo. Das Problem werde “erhebliche Auswirkungen” auf den Flugbetrieb haben, sagte Konzernchef Carsten Spohr im September. Lufthansa will ältere A320 länger nutzen und Wetlease-Partner einspannen, das “zweistellige Wachstumsziel” sieht Spohr dennoch in Gefahr.
Hersteller legen Milliarden beiseite
Für die jüngste Panne im Getriebefan-Programm hat RTX im dritten Quartal bereits drei Milliarden US-Dollar beiseite gelegt. Das Problem werde die Gewinne aber auch in den Folgejahren noch belasten, warnte RTX seine Aktionäre zeitgleich vor.
Programmpartner MTU stellt sich für 2023 auf eine Sonderbelastung von einer Milliarde Euro ein – der gesamte operative Gewinn des Geschäftsjahres wäre damit aufgezehrt.
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