(Quelle: flugrevue.de)

Nach einem Tiefstand von 709 Lieferungen von zivilen Hubschraubern im Wert von nur 3,4 Milliarden Dollar (3,12 Mrd. Euro) im Corona-Jahr 2020 sieht es für die Hubschrauberhersteller wieder besser aus. Marktführer Airbus Helicopters sprach von einer “insgesamt positiven Dynamik” und – wichtig für den Umsatz – einer positiven Entwicklung im Markt der Hubschrauber für die Unterstützung der Öl- und Gasförderung, wo eher teure Muster gebraucht werden. Auch aus Sicht von Patrick Moulay, Bells Senior Vice President of International Commercial Sales, präsentierte sich 2022 “sehr viel besser als seit vielen, vielen, vielen Jahren”. Bruno Even, Chef von Airbus Helicopters, vermerkte allerdings eine “leichte Abschwächung” zum Jahresende hin, und in der Tat ist der wirtschaftliche Ausblick durch multiple internationale Krisen nicht zuletzt in Europa unsicher.

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Hoffnungsvolle Zukunft

Wie dem auch sei,die Hersteller hoffen auf positive Effekte, wenn moderne Muster wie die Bell 525 endlich die Zulassung schaffen oder die H160 ihre um Jahre verzögerte US-Zertifizierung erhält. Und wenn nichts mehr dazwischen kommt, sollte auch das erste zivile Kipprotormuster AW609 20 Jahre nach dem Erstflug endlich lieferbar sein. Nimmt man die angesichts des Ukraine-Kriegs guten Perspektiven im militärischen Bereich hinzu, können die großen Hersteller der Zukunft hoffnungsvoll entgegensehen. Die Einführung von elektrischen Flugtaxis wird dabei angesichts deren zunächst minimaler Zuladung und Reich-weite keine ernsthafte Konkurrenz bringen, sondern eher neue Märkte schaffen.

Jedenfalls gibt es weiterhin ein breitesSpektrum von Angeboten – vom kleinen Doppelsitzer Robinson R22 für den Privatpiloten bis hin zum 56 Tonnen schweren Mi-26 von Russian Helicopters. Ein kurzer Überblick über die Produktpalette der wichtigsten Hersteller wird im Folgenden gegeben.

AIRBUS HELICOPTERS

Da keine neuen militärischen Entwicklungen in Sicht sind, arbeitet Airbus Helicopters daran, seine führende Position auf dem zivilen Markt zu verteidigen, wo das Unternehmen einen Anteil von 52 Prozent (Auslieferungen von zivilen Turbinenhubschraubern mit mehr als fünf Sitzen 2022) hält. Verkaufsschlager ist momentan die älteste Produktfamilie im Portfolio: 216 H125 und H130 wurden im Jahr 2022 bestellt – sie basieren auf der Aérospatiale AS 350 Écureuil, die im Juni 1974 erstmals flog und bisher über 7000 mal geliefert wurde.

Jüngste Verbesserung der H125 alias AS350 B3e ist eine Leistungsfreigabe des vorhandenen Arriel-2D-Triebwerks von Safran, das in einem großen Teil des Flugbereichs, in dem das Triebwerk der begrenzende Faktor war (sowohl für interne als auch für externe Nutzlast), die Nutzlast um bis zu 140 kg erhöht. Dies gilt besonders in hohen und/oder heißen Umgebungen für die externe Nutzlast (10 bis 20 Prozent mehr Nutzlast für eine typische Arbeitsmission).

Sehr gut verkauft sich auch weiterhin die H145, die dank eines neuen Fünfblattrotors eine um 150 kg höhere Nutzlast hat. Dieser neue Rotor verbessert auch den Komfort von Besatzung und Passagieren. Jüngster Großkunde ist die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega, die erst im Dezember eine zweite Serie von zwölf Maschinen bestellt hat. Bis 2026 will die Rega eine reine Airbus-Flotte betreiben, die aus 21 fünfblättrigen H145 besteht. Sie werden die derzeitige Flotte von AW109SP-Helikoptern ersetzen.

Zäher geht es dagegen beim neuesten Produkt, der H160, voran. Zwar haben die Auslieferungen im Dezember 2021 tröpfchenweise begonnen – erster Kunde war ANA in Japan –, doch auch zwei Jahre nach der EASA-Zulassung im Juli 2020 fehlt aus nicht bekannten Gründen die FAA-Zertifizierung für den besonders wichtigen US-Markt. Laut Firmenchef Even soll es nun dieses Jahr soweit sein. Derweil wird die H160 durch einen Mietvertrag mit Babcock auch von der französischen Marine für Such- und Rettungsdienste im Atlantik und im Mittelmeer eingeführt.

BELL

Bestseller von Bell ist momentan die leichte, einmotorige 505, die 2022 fast die Hälfte der 176 Auslieferungen ausmachte. Fünf Jahre nach der Markteinführung hat man mit dem in Kanada montierten Modell inzwischen über 400 Lieferungen erreicht. Die Kundschaft ist dabei weltweit und vielfältig – vom Privatnutzer bis zu militärischen Flugschulen. Auch mit dem Modell 407 (49 Lieferungen 2022) und der leichten Twin 429 (32) kann Bell zufrieden sein. Zudem feiert die Bell 412 insbesondere in Form der Subaru Bell 412EPX eine Art Comeback – es wurden 15 Maschinen ausgeliefert. Selbst in Europa wurde der erste Kaufvertrag für zwei Hubschrauber mit dem Innenministerium der Republik Kroatien unterschrieben. Die 2018 zugelassene Subaru Bell 412EPX hat eine maximale Startmasse von 5530 kg und kann bis zu 2270 kg an Gütern mit einem Lasthaken tragen.

Sorgenkind bleibt allerdings weiter das Modell 525 Relentless, das eigentlich das Flaggschiff in der Supermidsize-Größenklasse (Abfluggewicht jetzt 9,3 Tonnen) werden soll. Nach dem schon verspäteten Jungfernflug am 1. Juli 2015 wurde die Flugerprobung durch einen Absturz aus der Bahn geworfen, bei dem die beiden Testpiloten ums Leben kamen. Die FAA-Zulassung ist lange überfällig, soll aber nun in diesem Jahr erfolgen. Problem sind vermutlich spezielle Zertifizierungsanforderungen, da der Hubschrauber über ein Fly-by-Wire-System verfügt, das bisher in zivilen Helikoptern nicht verwendet wurde.

ENSTROM

Nach einer Zitterpartie, weil MidTex Aviation als Bieter die Finanzierung nicht sichern konnte, hat Enstrom Helicopter seit Mai 2022 einen neuen Eigner: Chuck Surack, Gründer von Sweetwater Sound, dem größten Onlinehändler von Musikinstrumenten und professionellem Audio-Equipment in den USA. Zum Ende letzten Jahres gab es das neue FAA-Produktionszertifikat Nr. 26CE, womit die Grundlage für die Wiederaufnahme der Produktion geschaffen wurde. Am 30. Januar flog dann die erste neue 480B – der 1317. von Enstrom gebaute Hubschrauber und der 255. der Serie 480. Ob es nun besser läuft als zuletzt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls hat das Unternehmen in den letzten Jahren kaum je mehr als zwei Dutzend Helikopter (280FX, F28-FX. 480B) pro Jahr geliefert.

HÉLICOPTÈRES GUIMBAL

Der kleine französische Hersteller verkauft seinen kleinen Zweisitzer Cabri G2 mit Kolbenmotor, von dem um die 20 pro Jahr geliefert werden. Der Hubschrauber dient auch als Basis für den unbemannten Drehflügler Airbus Helicopters VSR700 für den Einsatz von Schiffen aus. Eine weitere Testkampagne über Wasser fand im Dezember statt.

HILL HELICOPTERS

Das britische Start-up versucht seit 2020, einen neuen “luxuriösen Privathubschrauber” zu entwickeln, der für 595 000 Pfund (673 300 Euro) vielleicht Ende 2024 auf den Markt kommt. Der Fünfsitzer HX50 wird von einer eigenentwickelten GT-50-Turbine angetrieben. Er ist mit einem einziehbaren Fahrwerk ausgestattet und soll eine Reisegeschwindigkeit von 260 km/h erreichen.

KAMAN

Kaman hat im Januar das Ende der Fertigung seines Lastenhubschraubers K-Max verkündet. 60 wurden seit 1991 gebaut.

LEONARDO

Leonardos Verkaufsschlager, die AW139,hat inzwischen über 1100 Auslieferungen an 280 Kunden weltweit erreicht. Einer der neuesten Käufer ist die Bristow Group, die im Dezember sechs Hubschrauber für zivile Rettungsdienste im Auftrag der UK Maritime and Coastguard Agency bestellte. Auf der Grundlage der AW139 (die ursprünglich in Zusammenarbeit mit Bell entwickelt wurde) hat Leonardo eine ganze Hubschrauberfamilie mit Startgewichten zwischen 4,6 Tonnen (AW169) und 8,3 Tonnen (AW189) entwickelt. Die AW169, von der inzwischen über 320 bestellt wurden, ist auch beim Militär im Dienst. Österreich kauft zum Beispiel 36 AW169M und hat die erste Maschine im Dezember in Empfang genommen.

Neues Einsteigermuster bei Leonardo soll die AW09 werden, bei der es sich um die SH09 (vormals SKYe SH09) von Kopter (ehemals Marenco Swisshelicopter) handelt. Erstflug war im Oktober 2014, doch immer noch gibt es keine definitive Serienausführung. Jüngster Entwicklungsschritt ist der Aus-tausch des HTS900-Triebwerks durch das Arriel 2K von Safran, das bald im Prototyp PS4 fliegen soll.

Neben den konventionellen Typen treibt der italienische Hersteller weiterhin die Entwicklung des zivilen Kipprotors AW609 voran. Dieses Programm (Erstflug am 7. März 2003 noch mit Bell-Beteiligung) hat endlose Verzögerungen hinter sich, doch am 13. Oktober 2022 flog nun im Werk Philadelphia die erste Serienmaschine, die von Leonardo als Vorführmodell genutzt werden soll. Erstkunde in den USA ist die Bristow Group.

MD HELICOPTERS

Das Unternehmen mit Sitz in Mesa, Arizona, hat im letzten Jahr eine Reorganisation nach Chapter 11 des U.S. Bankruptcy Code durchlaufen. Neuer Eigner ist nun ein Gläubigerkonsortium, das sich aus der MBIA Insurance Corp., Bardin Hill und MB Global Partners zusammensetzt. Sie versuchen, das Geschäft wieder anzukurbeln und vor allem die zuletzt viel kritisierte Unterstützung der Nutzer zu verbessern. Verkauft werden offenbar vor allem die Modelle MD 500E und MD 530F, zum Beispiel an US Sheriff Departments. Auch ein Upgrade vom E- zum F-Modell mit stärkerem Rolls-Royce RR250-C30 ist im Angebot.

ROBINSON HELICOPTER

Robinson feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Die Firma wurde von Frank Robinson gegründet, der im November 2022 verstorben ist. Sohn Kurt führt die Geschäfte schon seit 2010 und hat es in allen Aufs und Abs des Marktes geschafft, die dominierende Stellung im Bereich der kolbenmotorgetriebenen Hubschrauber zu halten. 2021 wurden zum Beispiel 244 Maschinen ausgeliefert, wobei allerdings das Turbinenmuster R66 die Nase vorn hatte. Dieses erhielt für Polizeieinsätze im letzten Jahr auch die Zulassung für Flüge mit Nachtsichtbrillen. Im April 2021 wurde der 13 000. Robinson-Hubschrauber ausgeliefert.

RUSSISCHE HUBSCHRAUBER

Seit vielen Jahren werden alle russischen Hubschrauber-Aktivitäten unter dem Dach der Russian Helicopters Holding zusammengefasst, die wiederum Teil des Staatsunternehmens Rostec ist. Schon vor den aktuellen Sanktionen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine konnte das Unternehmen aber nie auf dem internationalen Zivilmarkt Fuß fassen. Infrage kämen dafür überhaupt nur die Muster Ansat und Kamow Ka-62. Erstere wird immerhin in nennenswerten Stückzahlen für den heimischen Markt gebaut, um ein Luftrettungssystem aufzubauen.

SCHWEIZER RSG

Nach dem Erwerb der Rechte und der Musterzulassung an der kolbenmotorgetriebenen Schweizer-S-300-Familie und der turbinengetriebenen S-333 von Sikorsky im Januar 2018 hat die Schweizer RSG in Fort Worth (Texas) die Fertigung wieder gestartet und 2021 mit den Lieferungen begonnen. Kunden sind unter anderem Senegal und El Salvador für die Militärpilotenausbildung.

SIKORSKY

Der alteingesessene US-Hersteller, der seit November 2015 im Besitz von Lockheed Martin ist, tätigt fast sein gesamtes Geschäft im Militärsektor. Im zivilen Bereich werden nur ein paar S-92 pro Jahr ausgeliefert.

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