
(Quelle: aero.de)
PALMDALE – Mit der X-59 QueSST wollen Lockheed Martin und die NASA testen, wie sich der lästige Knall beim Durchbrechen der Schallmauer vermindern lässt. Das Flugzeug ist endlich fertig, erste Bodentests in einem speziell abgeschirmten Bereich laufen. Demnächst soll die X-59 mit Mach 1 über die Köpfe von US-Bürgern zischen.
Lange Nase, Entenschnabel – und null Sicht nach vorne. Das sind die Markenzeichen der X-59 QueSST, an der Lockheed Martin im Auftrag der NASA seit geraumer Zeit baut. In den legendären “Skunk Works” von Palmdale legen die mit dem Projekt betrauten Ingenieure derzeit letzte Hand an.
Mitte Juni verließ die fertig montierte X-59 erstmals ihren Produktionshangar und zog in eine kleine Halle auf dem Vorfeld des Flughafens um. Dort verbringt sie nun ihre verbleibenden Tage bis zum ersten Flug: “Wir haben das Flugzeug für weitere Bodentests, einschließlich Vibrationstests, in einen Laufstall auf der Flightline gebracht”, schrieb Lockheed Martin auf Twitter.
Das neueste X-Flugzeug der NASA hat Verspätung und hätte eigentlich schon 2022 starten sollen. Doch erst im November 2022 erhielt die X-59 in Palmdale ihr F414-GE-100-Triebwerk von General Electric. Im Frühjahr 2023 wurde das Heck an den Rest der Zelle angedockt.
Nachdem jetzt offenbar die finalen Tests auf dem Rollfeld angelaufen sind, dürfte der ersehnte Erstflug – sofern alle Checks planmäßig verlaufen – nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Spätere Flüge innerhalb der avisierten Testkampagne sollen die X-59 laut Angaben der NASA auch über umliegende Städte und Dörfer führen – wo der Versuchsjet mit Geschwindigkeiten schneller als Mach 1 über die Köpfe der Bewohner preschen wird.
So wolle man “Daten über menschliche Reaktionen auf die beim Überschallflug erzeugten Geräusche sammeln”, erläutert die NASA. Die gesammelten Datensätze werde man anschließend “an US-amerikanische und internationale Aufsichtsbehörden weiterleiten, um möglicherweise kommerzielle Überschallflüge über Land zu ermöglichen.”
Derlei Tests dürften allerdings frühestens im übernächsten Jahr stattfinden, wenn die grundlegenden Inhalte der Flugerprobung zufriedenstellend abgearbeitet sind.
“Leise”, trotz Nachbrenner
Die ermittelten Rahmendaten für die X-59 sehen vor, dass das Flugzeug auf bis zu 55.000 Fuß (rund 16.800 Meter) Flughöhe steigen und Geschwindigkeiten von maximal Mach 1.4 erreichen soll. Selbstverständlich behält das in dem Jet verbaute F414-Triebwerk zu diesem Zweck seinen serienmäßigen Nachbrenner, weshalb das Attribut “leise” für die X-59 auf den ersten Blick etwas irreführend scheint.
Dass das Versuchsflugzeug dennoch unter dem Projektnamen “Quiet SuperSonic Technology” (QueSST) firmiert, hat dennoch seinen Grund: Die X-59 ist nämlich so konstruiert, dass sie beim Durchbrechen der Schallmauer keinen lauten Knall verursacht – sondern lediglich ein sanftes, leises “Pochen”. Das Geräusch soll in etwa mit dem einer zuschlagenden Autotür vergleichbar sein.
Ob sich diese für das spezielle Design der Maschine am Computer ermittelten Attribute auch in der Praxis halten lassen, dürfte sich in den realen Flugversuchen recht schnell zeigen. Klar also, dass die verantwortlichen Ingenieure dem Erstflug der X-59 längst entgegenfiebern.
© FLUG REVUE – Patrick Zwerger Abb.: Lockheed Martin