(Quelle: flugrevue.de)

Ein Flugzeug besteht bekanntlich aus mehr als nur einer Komponente und ist als funktionale Summe seiner Einzelteile zu verstehen. Bei der He 178 ist das etwas anders, denn sie wurde lediglich als flugfähige Testhülle für das von Dr. Hans-Joachim Pabst von Ohain entwickelte Strahltriebwerk gebaut: eine simple und kompakte Schulterdecker-Konstruktion mit kurzen Holzflügeln, deren Spannweite lediglich 7,2 Meter betrug. Eine Asbestschicht schützte die Flügel vor der Hitze des Triebwerks. Der Lufteinlass des mittig im Rumpf sitzenden, revolutionären Triebwerks lag direkt am Bug. Im Gegensatz zu späteren Jetkonstruktionen wie der Me 262 wurde die He 178 noch mit einem konventionellen Spornradfahrwerk ausgerüstet.

Die Entwicklung des ersten Strahlantriebs

Der gebürtige Dessauer von Ohain verfolgte bereits während seines Studiums in Göttingen ab 1933 die Idee eines Strahlantriebs. Parallel promovierte er bei Prof. Robert W. Pohl. Auf Basis seiner Entwürfe ließ er in der örtlichen Autowerkstatt ein Demonstrationsmodell bauen. Die Ziele: technische Simplizität, geringes Entwicklungsrisiko und ein besseres Leistungsgewicht als bei einem Kolbenmotor. Die Versuchsmaschine bestand aus einem Radialkompressor, gefolgt von einer Radialturbine mit einem auf den Verdichter abgestimmten Durchmesser. Knapp 6000 Mark investierte von Ohain in jungen Jahren in die Patentanmeldung und die Produktion des Demonstrationsmodells. Professor Pohl erlaubte die Nutzung von Einrichtungen und Geräten seines Instituts für die ersten Versuche. Pohl ging mit der Förderung seines Doktoranden sogar noch weiter: Er verfasste am 3. März 1936 ein Empfehlungsschreiben für von Ohain an Ernst Heinkel, da von Ohain sich bei Heinkel und seinem Interesse an schnellen Flugzeugen große Hoffnungen auf eine Förderung seiner Technologie erhoffte. Heinkel antwortete umgehend, und am 17. März präsentierte von Ohain seine Idee. Noch im selben Jahr wurde das Demonstrationsmodell im Windkanal von Heinkel getestet. Die Applikation einer Brennkammer gestaltete sich schwierig, so dass von Ohain vorerst Wasserstoff statt Benzin verwendete. Dies bescherte den Entwicklern den ersten erfolgreichen Prüfstandslauf: Der Weg für das Strahltriebwerk war frei. Von Ohain wurde von Heinkel festangestellt und sollte nun ein flugfähiges Triebwerk konstruieren. Im Sommer 1938 war die Konstruktion von Triebwerk und Versuchsflugzeug abgeschlossen, im März 1939 begann die Standerprobung des HeS 3b getauften Aggregats.


Koos

Das Demonstrationsmodell des Strahltriebwerks entstand in einer Autowerkstatt.

Der erste Flug

Am 27. August 1939, nur eine Woche vor Kriegsbeginn, war es dann soweit: Testpilot Erich Warsitz flog das erste Strahlflugzeug der Welt! Nur rund acht Minuten dauerte der Flug. Die beiden Tanks hinter der Kanzel waren nicht sonderlich groß und das durstige Triebwerk saugte sie binnen Minuten leer. Trotzdem zeigte sich Warsitz begeistert über die vibrationsarme und leistungsstarke Maschine. Angeblich erreichte er bereits 600 km/h während des ersten Tests. Ein zweites Versuchsmuster befand sich noch im Bau, als das Reichsluftfahrtministerium beide Prototypen übernahm. Zu einer weiteren Verwendung der Flugzeuge kam es jedoch nicht, da das RLM in dem kompakten Flieger und seiner äußerst geringen Reichweite keinen militärischen Nutzen sah. Daher begannen im August 1939 bereits die Arbeiten an der He 280, einem zweistrahligen Jäger für die Luftwaffe. Am Ende präsentierte Messerschmitt mit der Me 262 aber das ausgereiftere Flugzeug, das im Gegensatz zur He 280 weiter gefördert wurde und im letzten Kriegsjahr noch zum Einsatz kam.

Mit dem Erstflug der He 178 gewannen von Ohain und Heinkel auch ein Rennen, von dem sie selbst gar nichts wussten. Um 1930 hatte der Brite Frank Whittle mehrere Patente für die Konstruktion eines Strahltriebwerks erworben, völlig unabhängig von Heinkel und von Ohain. Da er jedoch vorerst keine Förderer und Interessenten für seine Idee fand, verschwand seine Erfindung bis 1935 in der Schublade. Erst dann nahm die Entwicklung eines Versuchsträgers Fahrt auf und gipfelte in der Anordnung des britischen Luftfahrtministeriums, einen Strahljäger zu bauen. Whittles Firmafertigte das Triebwerk für das Experimentalflugzeug Gloster E.28/39; es startete am 15. Mai 1941, eineinhalb Jahre nach der He 178, zu seinem ersten Flug.


Lutz Krebs

Im phanTECHNIKUM des Technischen Landesmuseums Mecklenburg-Vorpommern in Wismar hängt ein Modell des Heinkel-Jetpioniers an der Decke.

Die beiden gebauten He 178 existieren heute nicht mehr. Während der zweite Versuchsträger noch 1939 verschrottet wurde, fiel die erste Maschine vermutlich den Bombenangriffen auf das Rostocker Werk zum Opfer. Heute können Nachbauten am Flughafen Rostock-Laage, im Planes of Fame Air Museum in Chino, Kalifornien, und im Technischen Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern in Wismar besichtigt werden.

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