(Quelle: aero.de)
MIRABEL – Die versehentliche Aktivierung des Autopiloten kann beim Airbus A220 katastrophale Folgen haben. Nun soll ein Zusatz im Handbuch den Bedienfehler vermeiden. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat dazu eine dringeliche Lufttüchtigkeitsanweisung erlassen – und plant weitere Schritte.
Fast 40 Mal haben Piloten im Airbus A220 den Autopiloten versehentlich aktiviert, zweimal mit beinahe katastrophalen Folgen.
In einer Notfall-Lufttüchtigkeitsanweisung fordert die US-amerikanische FAA nun einen Zusatz im Flughandbuch, der es verbietet, unterhalb einer Flughöhe von 400 Fuß über Grund den Knopf zu drücken, der die automatische Schubregelung aktiviert. Die kanadische Luftfahrtbehörde Transport Canada hat eine ähnlich lautende Anweisung erlassen.
Denn die Anordnung der Bedienelemente für Autopilot und automatischer Schubsteuerung kann bei der A220 leicht zu Verwechslungen führen: Die Knöpfe für beide Funktionen befinden sich direkt untereinander und sind mit “AP” und “AT” auch noch – durch ihre Funktion bedingt – sehr ähnlich beschriftet.
Die automatische Schubsteuerung (Auto Throttle) regelt selbstständig die Triebwerksleistung, ohne dass der Pilot die Schubhebel bedienen muss. Dafür nutzt die Automatik unter anderen die Geschwindigkeitssensoren des Flugzeugs. Liefern diese unterschiedliche Werte – was bei Turbulenzen öfters geschieht – deaktiviert sich die Schubautomatik und muss per Knopfdruck wieder eingeschaltet werden.
Dabei kam es zuletzt vor, dass A220-Piloten versehentlich den darüberliegenden Knopf für den Autopiloten drückten. Besonders beim Start kann das kritisch sein: Die behördliche Anweisung verweist auf einen Vorfall aus dem September: Dabei wollte die Crew die automatische Schubsteuerung reaktivieren, nachdem sie im Startlauf herausgesprungen war.
Der Pilot erwischte dabei den falschen Knopf und aktivierte versehentlich den Autopiloten. Der Airbus begann daraufhin, die Nase zu heben, noch bevor die A220 ihre Abhebegeschwindigkeit erreicht hatte.
Reagiert die Crew in derartigen Situationen nicht sofort, kann dies dazu führen, dass das Flugzeugheck beim Start auf die Bahn schlägt. Auch kann das Flugzeug mit viel zu wenig Energie abheben – mit der Gefahr einer Bodenberührung oder eines Strömungsabrisses nach dem Start.
FAA sieht weiteren Handlungsbedarf
Das Flughandbuch des Airbus A220 verbietet deswegen die Aktivierung des Autopiloten unterhalb einer Flughöhe von 400 Fuß über Grund. Bei der automatischen Schubsteuerung gab es ein derartiges Verbot bislang noch nicht. Wohl auch deshalb, weil die Automatik bei Geschwindigkeiten von mehr als 60 Knoten unterhalb von 400 Fuß ein Einschalten ohnehin verhindert.
Manche Piloten hat dies offenbar nicht davon abgehalten, es dennoch zu versuchen. Die eindeutige Anweisung soll nun bei A220-Piloten das Bewusstsein für einen derartigen Bedienfehler schärfen. Die FAA hält die Handbuchergänzung nur für eine vorübergehende Lösung des Problems und hat eine mögliche endgültige Regelung bereits angekündigt.
© FLUG REVUE – Christof Brenner 28.11.2022 16:39