
(Quelle: aero.de)
PARIS – Das Thema Getriebefan löst bei Airlinechefs Augenrollen aus. Hersteller Pratt & Whitney kann sein hochmodernes Triebwerk für die Airbus-Serien A220, A320neo und die Embraer E2 aktuell nicht in ausreichenden Stückzahlen produzieren. Der Frust darüber ist auch bei Airbus groß.
Haben Lieferprobleme bei Pratt & Whitney eine Airline in die Insolvenz getrieben? Go First in Indien hat diese Woche Gläubigerschutz beantragt – und jedenfalls explizit eine Verbindung zu Problemen mit dem Triebwerk hergestellt.
Nach Angaben des indischen Preisbrechers ist derzeit rund Hälfte der flotteneigenen 49 A320neo wegen defekter Triebwerke und fehlender Triebwerksersatzteile unbrauchbar.
Über den Sommer rechnet Go First mit weiteren Ausfällen in der Flotte – ein wirtschaftlicher Flugbetrieb ist so nicht mehr darstellbar. Go First hat Pratt & Whitney daher in Singapur auf fast eine Milliarde US-Dollar Schadensersatz verklagt.
Lufthansa hat unterdessen drei A320neo in Berlin abgestellt, auch diese Flugzeuge warten auf neue Triebwerke. Die A220-Betreiber Swiss und Air Baltic leiden ebenfalls unter spürbaren Ausfällen. KLM beklagte um den Jahreswechsel eine “nicht optimale Nutzbarkeit” ihrer E2-Flotte – Grund auch hier: der Getriebefan.
Zeitgleich stockt der Nachschub an neuen Flugzeugen. Lufthansa wartet aktuell laut Insidern rund fünf Monate länger auf neue A320neo als vertraglich vereinbart. Zwar klemmt es in der Airbus-Zulieferkette auch bei Rumpf- und Sitzhersteller. Die größte Baustelle verortet Konzernchef Guillaume Faury aber im Triebwerksbereich.
“Wir sehen mehr Probleme bei den Triebwerken als je zuvor”, räumte Faury diese Woche in Toulouse ein. Das gelte “besonders in Hinblick auf den Getriebefan.”
Wer bekommt Triebwerke?
Das Kernproblem: Wegen teils verkürzter Wartungs- und Nutzungsintervalle muss Pratt & Whitney neben Neutriebwerken für die Hersteller auch Ersatztriebwerke für aktive Flotten produzieren und Schlüsselkomponentne für Überholungen vorhalten – ein Spagat, der nur Verlierer kennt.
“In der Krise hat Airbus Airlines bei Neutriebwerken den Vortritt gelassen”, sagte ein Manager einer großen europäischen Airline aero.de kürzlich zu dem Thema. “Das hat auch 2022 noch eine Zeit lang für Entlastung gesorgt.” Jetzt will Airbus aber eigene Hochlaufpläne realisieren: Die A320neo-Produktion soll bis Ende 2024 auf 65 Flugzeuge pro Monat steigen.
© aero.de Abb.: Airbus