Russland baut Airbus- und Boeing-Teile selber nach

(Quelle: aero.de)

Aeroflot Airbus A321neo, © Airbus

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MOSKAU – Die Sanktionen des Westens sorgen für Ersatzteilmangel bei Russlands Airlines. Da Originalteile von Airbus und Boeing nicht mehr verlässlich ins Land gelangen, legen Aeroflot und der Staatskonzern Rosatom ab 2024 Hand an – und bauen Komponenten einfach selber in großem Stil nach.

Die Zukunft des russischen Luftverkehrs soll russisch sein – doch die Gegenwart ist westlich. Bis Flugzeuge aus einheimischer Produktion tatsächlich in relevanter Zahl für den Liniendienst verfügbar sind, werden noch einige Jahre vergehen.

Solange müssen Russlands Carrier wohl oder übel versuchen, den Betrieb mit ihren aktuellen Flotten sicherzustellen – und die bestehen nun einmal hauptsächlich aus Jets der Global Player Airbus und Boeing.

Doch der Nachschub an Ersatzteilen für diese Maschinen ist durch die westlichen Sanktionen bis auf Weiteres versiegt, auch technischen Support der Hersteller erhalten die Russen nicht mehr. Grauzonen-Geschäfte über Zwischenhändler können den Bedarf nicht dauerhaft decken.

So bleibt für Aeroflot und Co. nur die Option, einzelne Flugzeuge als Teilespender zu nutzen und zu kannibalisieren – oder benötigte Komponenten nachbauen zu lassen. Letzteres natürlich unautorisiert, weil die Hersteller der Originalteile dafür niemals grünes Licht geben würden. Genau das scheint jetzt in Russland anzulaufen – und zwar im großen Stil.

Wie die Tageszeitung “Iswestija” berichtet, hat sich Russlands größte Airline Aeroflot mit dem Staatskonzern Rosatom auf eine Kooperation geeinigt. Zusammen will man ab 2024 zahlreiche Bauteile für Airbus- und Boeing-Flugzeuge als Replikate nachproduzieren.

Die Kontrolle über Qualität und Sicherheit der Nachbauten soll bei der russischen Zivilluftfahrtbehörde Rosawiazija liegen. Sie muss die Teile zertifizieren, bevor sie eingesetzt werden können.

Tests laufen schon

Alexei Michalik, Technischer Direktor bei Aeroflot, erläuterte gegenüber Iswestija, man werde sich gemeinsam mit Rosatom um die “Entwicklung, Zertifizierung und Produktion von Luftfahrtkomponenten für alle Arten ausländischer Flugzeuge” kümmern.

Es gehe um Teile “für Kabinen, Gepäckräume, Strukturreparaturen und so weiter”. Im Einzelnen nannte Michalik “Luft- und Wasserfilterelemente, Kunststoff-, Metall-, Verbund-, Waben- und Gummiprodukte.” Auch Elektronikbauteile für die Passagierkabine sollen nachgebaut werden: “Wechselrichter, Netzteile, Sensoren, Heiz- und Beleuchtungskomponenten, Anzeigegeräte”, zählte Michalik auf.

Die ersten Teile seien bereits fertig und durchliefen derzeit Testverfahren, damit im ersten Halbjahr 2024 die Produktion hochfahren könne. Auch an der Technischen Dokumentation werde gearbeitet.

Warum Rosatom?

Auf die einschlägigen russischen Luftfahrtunternehmen und Zulieferer können die Airlines laut Aeroflot-Mann Michalik bei ihren Bemühungen um die Instandhaltung ihrer Westflotten nicht zählen. Diese seien vollständig eingespannt in die laufenden einheimischen Projekte MS-21, Superjet und Co.

“Rosatom verfügt über die notwendigen Ressourcen, wissenschaftliche und Forschungskompetenzen sowie Erfahrung in der Kleinserienproduktion, einschließlich Spezialtechnologien”, so Michalik. Aeroflot dagegen bringe das Luftfahrt-Fachwissen in die Kooperation ein.

Laut Iswestija ist Aeroflot nicht die einzige – und auch nicht die erste – russische Fluggesellschaft, die Rosatom für das Kopieren von Ersatzteilen für westliche Passagierflugzeuge eingespannt hat. So habe bereits Anfang des Jahres S7 Airlines damit begonnen, gemeinsam mit Rosatom Wasser- und Luftfilter sowie Bremsscheiben nachzubauen. Auch an russischen Pendants für Farben und Lacke westlicher Herkunft werde aktuell gearbeitet.

© FLUG REVUE – Patrick Zwerger Abb.: Airbus

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