
(Quelle: flugundzeit) alle Bilder und Folien (c) MagLev Aero
Mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung ist noch immer eine Crux bei der urbanen Luftmobilität (eVTOL). Auch wenn noch ein Pilot an Bord ist – die Sorge des unmanned vehicles also wegfällt –, sind die Dinger bei Start und Landung mitten in der Stadt einfach zu laut.
Neue, sichere Antriebs- und Flugzeugtechnologien sind gefragt, die einen extrem geräuscharmen Betrieb ermöglichen – und zwar nicht nur im Reiseflug in großer Höhe, sondern vor allem bei Start und Landung.
Der Magnetantrieb
Die amerikanische Firma MagLev Aero setzt auf Magnetschweben. Ja genau, bekannt von Magnetschwebe-Zügen, die über den Gleisen sanft dahinrauschen. Bei der Magnetschwebebahn heben Elektromagnete den Zug an und bewegen ihn dann ohne Reibung über den Gleisen.
MagLev Aero wendet diese Technologie auf das Konzept der elektrisch senkrecht startenden und landenden Flugzeuge (eVTOL) an und überträgt das Prinzip von einer linearen Schiene auf einen kreisförmigen Rotor.
Die MagLev HyperDrive™ Platform soll (Hersteller) mit deutlich höherem Wirkungsgrad, niedrigeren Spitzengeschwindigkeiten und geringerer Blattbelastung arbeiten, um den Lärmpegel im Schwebeflug gegenüber Hubschraubern und eVTOLs mit mehreren Rotoren zu senken.
Viele kleine Blätter, viel Ruhe
Warum sind Hubschrauber laut?
Herkömmliche wellenbasierte Rotoren (Hubschrauber) sind in der Regel mit einer kleinen Anzahl dicker, sich sehr schnell bewegender Schaufeln konstruiert, die sich vom Rotationszentrum, der Welle, aus erstrecken. Der Teil der Schaufel, der den größten Teil der Hubarbeit leistet, ist jedoch der Teil, der sich am nächsten zur Außenkante befindet. Das macht alle wellenbasierten Rotoren von Natur aus ineffizient.
Dies bringt eine hohe Belastung für die Schaufeln und eine hohe Lastkonzentration an den äußeren Schaufelbereichen. Alle Faktoren führen dazu, dass die Blätter sehr dick sein müssen, um die kombinierten Lasten zu tragen. Hohe Spitzengeschwindigkeiten, eine hohe Blattbelastung und die daraus resultierende Dicke des Blattes sind die größte Lärmquelle bei wellenförmigen Rotoren.
Aus diesem Grund sind Hubschrauber laut.
Die Vielrotor-Lösung (eVTOL)
Neuere Multirotor-VTOL-Flugzeuge versuchen, den Lärm zu reduzieren, indem sie viele kleinere wellenbasierte Rotoren verwenden, die den Lärm verteilen können. Diese wellenbasierten Rotoren behalten jedoch die Ineffizienzen bei und können den Lärm nur bis zu einem gewissen Grad verringern. Der Lärm kann im Reiseflug reduziert werden, ist aber bei Starts und Landungen nach einer NASA-Studie immer noch nicht leise genug, um eine breite Marktdurchdringung zu erreichen.
Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von MagLev Aero, Roderick Randall, hat nicht nur ein gutes Gespür für Marketing (siehe weiter unten), sondern auch gutes technisches Verständnis und Denken. Er sagt: „Unser Konzept des Felgenantriebs [rim drive approach] ermöglicht:
nur die effektivste Spanne des Blattes zu verwenden
die Anzahl der Blätter drastisch zu erhöhen
die Blattbelastung drastisch zu senken
Optimierung der Schaufelform für gleichmäßige Schaufelbelastung
eine wesentlich geringere Blattdicke
deutlich niedrigere Schaufelspitzengeschwindigkeit
Hinzufügen eines gegenläufigen Schaufelsatzes für das Gegendrehmoment“
Der vielblättrige Kranz von MagLev schwebt im Wesentlichen über dem Rotor. Seine dünnen, gepfeilten Blätter sind zahlreicher als die eines typischen eVTOLs. Laut MagLev konzentriert der HyperDrive die Last auf die äußere Schaufelspanne, wodurch die Schaufelbelastung und die Spitzengeschwindigkeit aufgrund der hohen Anzahl von Schaufeln am Rande reduziert werden.
Herkömmliche Wälzlager sind zu schwer, zu verschleißintensiv und zu teuer für Hochgeschwindigkeitsanwendungen mit großen Durchmessern. Welcher Lagertyp könnte einen Hochgeschwindigkeitsrotor mit großem Durchmesser stützen? Und da kommt die Idee der Magnetschwebe zum Einsatz: Man nutzt die Vorteile der Magnetschwebebahntechnologie in der Luft.
Der HyperDrive soll trotz der dünnen Schaufeln den gleichen Auftrieb wie ein herkömmliches eVTOL mit deutlich geringerer Spitzengeschwindigkeit und Drehzahl erreichen. Damit wäre eine drastische Lärmreduzierung erreicht.
Zudem wird der elektrische Antrieb gleichmäßig und redundant über den Umfang des Rotors verteilt, wobei eine Kombination aus Magneten und segmentierter Motorsteuerung zum Einsatz kommt. Dies liefert laut MagLev eine hohe Effizienz im Schwebeflug und reduziert gleichzeitig den Schwebefluglärm drastisch gegenüber dem von herkömmlichen Hubschraubern und eVTOLs. Durch Redundanz soll der HyperDrive auch nach einem Rotorausfall funktionieren.
Laut Herstellerangaben soll der gegenläufige MagLev HyperDrive Folgendes bewirken:
höhere Effizienz des Schwebefluges
halbierte Blattspitzengeschwindigkeiten
~ eine Größenordnung weniger stationäre und instationäre Schaufelbelastung
Mit dem MagLev HyperDrive sollen VTOL bei Start und Landung bis zu 25+ BA leiser sein als Hubschrauber und bis zu 15+ BA leiser als Multirotor-VTOL-Konfigurationen der ersten Generation.
Die Reisegeschwindigkeitseffizienz soll die Fluggeschwindigkeit von Hubschraubern mehr als verdoppeln können.
Warum kam noch keiner früher auf die Idee?
Ganz einfach, so Randall: „Dies war nie zuvor möglich und ist erst jetzt aufgrund der jüngsten technologischen Entwicklungen machbar. Viele der Herstellungstechniken, etwa der 3D-Metalldruck für Titan, oder die KI, die jedes Blatt nach Fluglage einzeln ansteuern lässt, all das gibt es erst seit kurzem.“
Rod Randall hat sich den „aufkommender Markt für urbane Luftmobilität“ genau angesehen und findet ihn mit mit einem Betrag von über 1 Billion Dollar/Jahr als investitionsfähig.
Allerdings will MagLev kein eigenes eVTOL bauen. Vielmehr plant das Unternehmen, den HyperDrive an einen Gerätehersteller zu verkaufen, der mit einer neuen Technologie experimentieren möchte.
rechts im Bild: Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von MagLev Aero, Roderick Randall
MagLev arbeitet mit GE Additive zusammen. Das Spezialgebiet von GE Additive AddWorks ist die additive Fertigung, der industrielle Produktionsbegriff für 3D-Druck von Metallen, in diesem Fall Titan. Der Druck ist eine sparsame Methode, dieses sehr teure Material zu verarbeiten. Das Unternehmen will seine Expertise nutzen, um neue Herstellungsprozesse und Materialien für den HyperDrive zu entwickeln. Eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit der beiden Firmen war auch die Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der FAA von GE Additive, die für einige Herstellerzulieferungen bereits Zulassungen erhalten hat.
„Wir glauben, dass unsere HyperDrive-Innovation für eine Vielzahl von Größen, Konfigurationen und Anwendungsfällen geeignet ist, und wir freuen uns darauf, mit Geräteherstellern und anderen Partnern zusammenzuarbeiten, um unsere Technologie auf den Markt zu bringen“, sagt Rod Randall, Vorsitzender von MagLev.