MiG-Absturz bei Flugschau: Unfreiwilliger Schleudersitz-Ausstieg

(Quelle: aero-kurier.de)

Sie war die einzige zivil betriebene, flugfähige MiG-23 weltweit – jetzt ist sie Schrott. Nichts als rauchende Trümmer blieben von dem Sowjet-Kampfjet mit dem US-Kennzeichen N23UB, der am 13. August bei einer Flugvorführung nahe des Willow Run Airport in Michigan auf dem Boden aufschlug – nur wenige Meter von einem Wohngebiet entfernt. Die beiden Piloten der zweisitzigen MiG-23UB waren zuvor mit dem Schleudersitz ausgestiegen. Sie kamen mit leichten Blessuren davon, auch am Boden gab es keine Verletzten. Die Airshow “Thunder over Michigan”, deren vorletzter Akt an diesem Tag die Darbietung des Schwenkflüglers gewesen war, wurde nach dem Absturz abgebrochen.

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Unstimmigkeit im Cockpit

Zwei Wochen nach dem Crash veröffentlichte das NTSB nun den ersten Zwischenbericht. Der bestätigt einerseits, was bereits am Unfalltag als Spekulation die Runde gemacht hatte: dass nämlich ein technisches Problem mit dem Triebwerk der Auslöser für den Absturz war. Allerdings zeigt der Bericht auch auf, dass der Pilot und der Backseater im Cockpit uneins waren über das weitere Vorgehen – und dass der Verlust des Flugzeuges womöglich vermeidbar gewesen wäre.

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Ausschuss statt Fehlersuche

So gab der Pilot gegenüber den NTSB-Ermittlern an, dass er die MiG mit angelegten Tragflächen im tiefen Messerflug entlang der Landebahn 23 des Willow Run Airport gesteuert habe und anschließend in Schräglage den Nachbrenner zünden wollte, um Fahrt und Höhe zu gewinnen. Der Nachbrenner habe jedoch nicht wie erwartet gezündet, das Flugzeug wurde langsamer. Als Reaktion fuhr der Pilot laut NTSB die Schwenkflügel der MiG-23 in Langsamflugstellung. “Er war gerade mit der Fehlersuche beschäftigt, als der Copilot auf dem Rücksitz angab, dass sie aussteigen müssten”, so der NTSB-Bericht weiter. Der Pilot habe daraufhin entgegnet, er sei noch nicht bereit zum Aussteigen, sondern wolle weiter versuchen, das Problem zu beheben und auf der Runway 27 zu landen. Plötzlich jedoch sei sein Schleudersitz ausgelöst worden.

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Zog der zweite Mann am Griff?

Das wiederum lenkt den Fokus auf den zweiten Mann im Cockpit – denn wie bei den meisten zweisitzigen Kampfjets lösen auch bei der MiG-23 beide Schleudersitze aus, wenn einer der Insassen am Griff zieht. Der Copilot gab den NTSB-Ermittlern zu Protokoll, dass das Triebwerk nach dem eingangs geschilderten Flugmanöver nicht wie geplant beschleunigte. Daraufhin habe er sich kurz mit dem Piloten unterhalten, während sie begonnen hätten, Höhe zu machen. Man habe gemeinsam ein Triebwerksproblem festgestellt und eine Landung erwogen. Er selbst sei jedoch der Ansicht gewesen, dass die erreichte Flughöhe nicht ausreiche, um zur anvisierten Landebahn zu gelangen. “Er sagte, sie seien unter Zeitdruck und müssten raus”, heißt es im NTSB-Bericht. “Auf die Frage, ob er an den Griffen des Schleudersitzes gezogen habe, gab er an, dass er sich nicht genau erinnern könne, aber glaube, dass er daran gezogen hätte.”

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Glück im Unglück

Videos von dem Absturz hielten laut NTSB fest, dass die MiG-23UB sich – mit laufendem Triebwerk – in einer Linkskurve befand, als die Piloten aus dem Cockpit geschossen wurden. Die Absturzstelle befand sich demnach etwa eine Meile (1,6 Kilometer) südlich der Pistenschwelle von Landebahn 27. “Nach dem Aufprall kam es zu einer Explosion und einem Brand”, hält der Vorab-Unfallbericht fest. “Der Rumpfabschnitt, der das Leitwerk und den Motor enthielt, blieb neben einem Wohnhaus liegen”. Vom Rest des Flugzeuges blieben nur Fragmente übrig.

Ob der Absturz tatsächlich vermeidbar gewesen wäre, welche Alternativen zum Ausstieg es gegeben hätte und warum bei dem Vorführflug überhaupt eine zweite Person mit an Bord war – diesen und weiteren Fragen werden die Ermittler für ihren späteren Abschlussbericht wohl noch im Detail nachgehen.

Ähnlicher Fall – andere Ausgangslage

Ein unfreiwilliger Ausstieg ausgelöst vom Backseater – das passierte auch beim Flug einer Dassault Rafale im März 2019. Hier war es ein Fluggast, der eigentlich gar keine Lust auf den Flug hatte und von Kollegen dazu gedrängt wurde. Beim Einsteigen erhielt er kaum Hilfe, schnallte sich nicht richtig an und bekam beim ersten heftigen Nachdrücken nach dem Steigflug derart Angst, dass er versehentlich am Auslösegriff des Schleudersitzes zog und sich aus der Maschine herausschoss. Der Schleudersitz des Piloten hingegen löste wegen einer Fehlfunktion nicht aus, sodass er die Rafale sicher landen konnte. Der unfreiwillige Rocket-Man hatte Glück im Unglück: er kam mit leichten Verletzungen und dem Schreck seines Lebens davon.

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