ROM – In einem A330-200 von ITA dösen beide Piloten. Die Flugsicherung löst ein Alarmprotokoll aus, Abfangjäger steigen auf. Nach der Landung feuert ITA Airways den Kapitän fristlos. Zu Unrecht, wie jetzt ein Arbeitsgericht in Rom entschieden hat – denn ITA hat bei der Kündigung selbst einige Regeln verpennt.
Südfrankreich, 1. Mai 2022: ITA 609 aus New York erreicht den Kontrollbereich Marseille. Die Fluglotsen nehmen Kontakt auf – erhalten aber keine Antwort aus dem Cockpit. Als sich der Kapitän nach zehn Minuten meldet sind bereits Kampfflugzeuge auf dem Weg zur A330-200.
Über dem Atlantik hatte der Erste Offizier eine Ruhepause eingelegt. Auch dem Kapitän fielen in dieser Zeit die Augen zu – für unbestimmte Zeit schliefen allem Anschein nach beide Piloten.
ITA Airways zog aus dem Vorfall, der weltweit durch die Medien ging, Konsequenzen: Die Lufthansa-Airline in Spe sprach dem Kapitän noch im Mai 2022 die Kündigung aus. Das Verhalten des Mannes habe “nicht den geltenden Verfahren entsprochen”.
Verfahrensregeln nicht eingehalten
Der geschasste Kapitän darf seine ITA-Uniform bald aber wieder anlegen. Ein Arbeitsgericht in Rom hat die Kündigung aufgehoben. Das berichtet die Tageszeitung “Corriere della Serra”.
ITA habe ihrerseits Verfahrensregeln für die Kündigung nicht eingehalten und dem Arbeitnehmer keine ausreichende Gelegenheit zur Verteidigung gegeben. Der Pilot hat Anspruch auf Nachzahlung seines Gehalts seit 26. Mai 2022 inklusive aller Sozialleistungen und Sozialversicherungsbeiträge – und auf sofortige Wiedereinstellung.
© aero.de 19.09.2023 09:00
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“dem Arbeitnehmer keine ausreichende Gelegenheit zur Verteidigung gegeben”Diese Richter haben wohl einen Sprung in der Schüssel – was gibt es da zu verteidigen ? Das hätte auch übel ausgehen können. Der Vorfall fordert mal wieder zur Diskussion über Todmannsknopf auf, wäre sicher auch mit Gesichtskontrolle über CAM möglich.
Wer zu dumm ist einen „Totmannschalter“ richtig zu benennen, der wird wohl auch nicht verstehen was das (richtigerweise von Sierra Bravo eingeworfene) fatigue risk management bedeutet bzw. welchen Einfluss es hier hatte und warum die Firma dafür zur Verantwortung zu ziehen ist
“dem Arbeitnehmer keine ausreichende Gelegenheit zur Verteidigung gegeben”
Diese Richter haben wohl einen Sprung in der Schüssel – was gibt es da zu verteidigen ? Das hätte auch übel ausgehen können.
So ist das nun mal in einem Rechtsstaat, da muss man juristisch sauber artbeiten und nicht nach Gusto. Das ist hier so und in Italien wohl auch.
Was hätte passieren können spielt keine Rolle, sondern nur der der tatsächlich entstandene Schaden. Es stand ja auch nicht das Verhalten des Piloten auf dem Prüfstand, sondern das Verfahren der fristlosen Kündigung. Wenn ich als Unternehmen hier ein Schlupfloch wegen eines Formfehlers biete, selbst Schuld.
Für mich stellt sich eher die Frage nach dem Fatigue Risk Management der ITA. Der Kapitän ist mit Sicherheit nicht absichtlich eingeschlafen. Vielmehr muss hier geschaut werden, ob vor dem Flug ausreichend Zeit für Erholung eingeplant war, wie die Qualität des Crewhotels ist, und wie belastend generell die Dienstpläne der letzten Wochen waren. Ein dritter Pilot hätte dies womöglich ebenfalls verhindern können, aber hier gilt schon lange Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit.
Die Airline hat zumindest einen Anteil an diesem Vorfall!
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Wer zu dumm ist einen „Totmannschalter“ richtig zu benennen, der wird wohl auch nicht verstehen was das (richtigerweise von Sierra Bravo eingeworfene) fatigue risk management bedeutet bzw. welchen Einfluss es hier hatte und warum die Firma dafür zur Verantwortung zu ziehen ist
“dem Arbeitnehmer keine ausreichende Gelegenheit zur Verteidigung gegeben”
Diese Richter haben wohl einen Sprung in der Schüssel – was gibt es da zu verteidigen ? Das hätte auch übel ausgehen können.
So ist das nun mal in einem Rechtsstaat, da muss man juristisch sauber artbeiten und nicht nach Gusto. Das ist hier so und in Italien wohl auch.
Was hätte passieren können spielt keine Rolle, sondern nur der der tatsächlich entstandene Schaden. Es stand ja auch nicht das Verhalten des Piloten auf dem Prüfstand, sondern das Verfahren der fristlosen Kündigung. Wenn ich als Unternehmen hier ein Schlupfloch wegen eines Formfehlers biete, selbst Schuld.
Für mich stellt sich eher die Frage nach dem Fatigue Risk Management der ITA. Der Kapitän ist mit Sicherheit nicht absichtlich eingeschlafen. Vielmehr muss hier geschaut werden, ob vor dem Flug ausreichend Zeit für Erholung eingeplant war, wie die Qualität des Crewhotels ist, und wie belastend generell die Dienstpläne der letzten Wochen waren. Ein dritter Pilot hätte dies womöglich ebenfalls verhindern können, aber hier gilt schon lange Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit.
Die Airline hat zumindest einen Anteil an diesem Vorfall!
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